Jugendliche aus dem Projekt An-Schluss der Björn-Schulz-Stiftung* machen ihre eigenen Podcasts – zu Fragen, die sie beschäftigen, wie: Was unterscheidet die heutige Jugend von früher? Wie lassen sich persönliche Probleme lösen? Was erzählen uns Träume über unsere Persönlichkeit? Die Workshop-Teilnehmerinnen ziehen mit Mikrofonen los, interviewen sich gegenseitig, ihre Familien, Menschen auf der Straße und Expertinnen. Aus dem vielfältigen Material schneiden sie Podcasts, die ihre Sichtweisen auf die Themen wiedergeben. Beim Aufnehmen und Schneiden werden sie von unseren Sound-Kolleg*innen Julia Illmer und Massimo Maio unterstützt.
Konzept und Realisation: Julia Illmer und Massimo Maio
Die im Workshop produzierten Podcasts sind hier zu hören:
Probleme und wie sie zu lösen sind:
Träumst du schon oder schläfst du noch?
Wie ist es heute jugendlich zu sein?
Tag 1
Wir sind im gemütlichen Kaminzimmer der Björn-Schulz-Stiftung zusammengekommen. In den nächsten Tagen werden wir unsere eigenen Podcasts realisieren. Doch zuerst hören wir in die Podcasts rein, die uns im Alltag begleiten. Lotta interessiert sich für Königshäuser und mag den Podcast Annelies royale Welt. Jetzt wissen wir, dass in Großbritannien vorm Traualtar nicht „Yes“, sondern „I will“ gesagt wird.
Wir packen die Aufnahmegeräte aus und interviewen uns gegenseitig. Worüber sollte es einen Podcast geben, wollen wir wissen? Über Trauer – und darüber, dass es ganz normal ist, wenn diese nicht irgendwann verschwindet, sondern Teil des Lebens bleibt, finden einige. Vielleicht sollten wir diesen Podcast machen?! Wir bestellen erst mal Pizza und überlegen dann, wer zu welchem Thema arbeiten will. Die Favoriten-Themen sind: Jugend, Probleme und Träume. Wir schreiben Fragen auf, die wir zu unseren Themen haben, und machen uns bereit für die ersten Aufnahmen.
Tag 2
Mikro an und losquatschen – das macht einfach Spaß. In unseren Kleingruppen sprechen wir über unsere Themen und erfahren Neues. Norton steht vor einem Problem, das er noch lösen muss. Deswegen will er in seinem Podcast herausfinden, wie andere mit Problemen umgehen. Gute Idee! Wir gehen raus und nehmen die Aufnahmegeräte mit.
„Heute waren wir mit den Mikrofonen auf der Straße, um eine Straßenumfrage zu machen. Wir haben vier Leute interviewt, die sehr nett waren. Moses war ein bisschen nervös, aber er konnte seine Nervosität überwinden und fragte eine Person. Es hat viel Spaß gemacht, und wir hätten nicht gedacht, dass die Leute so offen für Interviews sind“ – Norton.
Nach dem Essen recherchieren wir am Computer Expert*innen. Wir suchen eine Psychologin, die ihr Wissen über Träume mit uns teilt, und eine Pädagogin, die weiß, wie man mit Problemen umgehen kann. Die Anfragen sind raus. Vielleicht haben wir Glück und sie sind offen für ein Interview?!
Tag 3
Mira hat einen Pfleger ihres Bruders interviewt. Er befürchtet, dass Jugendliche, die zu viel Zeit am Handy verbringen, abstumpfen. Im Kaminzimmer sind heute richtig viele Mikrofone aufgebaut – für jeden Jugendlichen eins.„Heute haben wir mithilfe der Mikrofone und des Mischpults verschiedene Diskussionen zu unseren Themen geführt. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Auch wenn einem anfangs nicht so viel zu einem Thema eingefallen ist, kamen wir schnell ins Quatschen. Besonders spannend war es, die unterschiedlichen oder auch ähnlichen Meinungen zu hören. Mit den Ängsten und Wünschen der anderen konnten wir uns sehr gut identifizieren, zum Beispiel die Angst, beim Schulwechsel keine Freunde zu finden. Auch zu hören, wie andere durch ihre Diskussionsrunde moderiert haben, war spannend.“– F.
Tag 4
Die Pädagogin Stefanie aus der Björn-Schulz-Stiftung hat zugesagt. Schon heute treffen wir sie zum Interview. Moses und Norton wollen wissen: Wie kann man dafür sorgen, dass Probleme gar nicht erst entstehen? Wissen, was man selbst braucht, und klar kommunizieren, empfiehlt Stefanie.
Weil heute so schönes Wetter ist, essen wir im Garten. Wir genießen die warme Sonne und die frische Luft. Danach hören wir uns gemeinsam das Interview an und lernen, warum es viel gesünder ist, Probleme anzusprechen, als sie in sich hineinzufressen.G. liebt den „5 Minuten Harry Podcast“, in dem die Podcasterin Coldmirror einen Harry-Potter-Film auseinandernimmt. Wir hören uns die lustige erste Folge an. Und vergleichen sie mit anderen Podcasts, die wir kennen. Wir hören, wie unterschiedlich Podcasts sein können und sind gespannt, wie unsere eigenen zum Schluss klingen werden. A. und V. waren gestern noch unterwegs und haben einen Sozialarbeiter aus den Judith-Auer-Club befragt. An ihn haben sich schon öfters Jugendliche gewandt, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind. Sein Tipp: Zuhören, die Person unterstützen, Anzeige zu erstatten und auf Vereine wie Wildwasser, die Beratung anbieten, aufmerksam machen.
Tag 5
Mittlerweile sind unsere Ordner voll mit Aufnahmen. Heute wollen wir keine neuen Interviews aufnehmen, sondern uns einen Überblick verschaffen. Wir packen die Laptops und Kopfhörer aus und hören in unseren kleinen Produktionsteams die bisherigen Aufnahmen an. Welche Straßeninterviews wollen wir für unseren Podcast verwenden? Welche Antworten eignen sich, um daraus kleine Umfrage-Collagen zu schneiden? Und welche Stellen aus unseren Diskussionsrunden sind die spannendsten? Wir hören, notieren und machen uns erste Gedanken über den Aufbau des Podcasts.
Tag 6
Auch heute geht die Arbeit am Laptop weiter. Nachdem wir uns einen Überblick verschafft haben, lernen wir heute das Schneiden mit dem Programm Audacity. Wie schneiden wir so, dass die Schnitte nicht zu hören sind? Wie können wir mehrere Aussagen zu einer Interview-Collage zusammenschneiden? Wie können wir die Lautstärke aller Aufnahmen angleichen? Die ersten Bausteine sind bereits fertig geschnitten und warten darauf, in den Podcast eingefügt zu werden.
Tag 7
Heute erreicht uns mitten im Schnitt noch eine neue Aufnahme. Jule und Lotta hatten für ihren Traum-Podcast eine Psychologin kontaktiert und ihr per Sprachnachricht einige Fragen zum Unterbewusstsein und zur Bedeutung von Träumen gestellt. Wir hören uns die Antworten in der Runde an und lernen, dass wir uns besser an unsere Träume erinnern können, wenn wir regelmäßig von ihnen erzählen oder sie notieren. Jule und Lotta wissen gleich, welche Passagen sie für ihren Podcast verwenden wollen, und setzen sich wie alle anderen wieder an die Laptops, um weiterzuschneiden.
Tag 8
Heute ist unser letzter Tag, und tatsächlich sind die Podcasts schon fast fertig. Was noch fehlt, sind letzte Moderationen, um die einzelnen Teile wie Straßenumfrage, Diskussionsrunde und Interviews zu verbinden. Alle nehmen noch einmal einzelne Sätze und Gedanken auf und schneiden sie an die passenden Stellen. Dann nicken plötzlich alle mit den Köpfen – wir hören Musik und suchen nach dem passenden Sound für die einzelnen Podcasts. Wenn unter der eigenen Stimme die passende Musik zu hören ist, klingt der Podcast gleich noch ansprechender.
Nachdem alle Teile und Spuren sitzen und sich alle ihre Stücke noch einmal angehört haben, ist es Zeit, die Ergebnisse in der Runde zu teilen. Eine Mischung aus Aufregung und Stolz macht sich im Raum breit. Alle hören gebannt zu und sind neugierig, was in den anderen Podcasts anders klingt als im eigenen. Wir belohnen uns mit viel Applaus und Keksen und sind jetzt bereit für unsere öffentliche Präsentation in der kommenden Woche.
Das Projekt wird unterstützt durch das Programm MeinLand – Zeit für Zukunft der Türkischen Gemeinde in Deutschland im Rahmen des Bundesprogramms Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Es wird umgesetzt von einem Bündnis aus den Berliner Einrichtungen Expedition Metropolis e.V., Knüpfwerk e.V., Ernst Freiberger-Stiftung / Projekt Windschatten sowie dem Aktionspartner Björn-Schulz-Stiftung.
*Die Björn-Schulz-Stiftung begleitet lebensverkürzend erkrankte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Die Angebote des Projekts An-Schluss richten sich an Geschwister, trauernde Kinder und Jugendliche.