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» Gespräch mit Sandrine Ribeiro und Ulrich Hardt «

über » ExMe Mobil – Vertrauen in Bewegung «

Ulrich Hardt leitet das Community Theater Expedition Metropolis und ist für die künstlerische Leitung der HofFestSpiele verantwortlich. Sandrine Ribeiro ist eine international erfahrene Projekt- und Produktionsleiterin – hauptsächlich in den Bereichen Kunst und Kultur. Gemeinsam prägen sie die Entwicklung des Festivals seit vielen Jahren.

» Alle reden aktuell von Öffnungen – gerade im Kulturbereich; warum verschiebt ihr das Festival jetzt in den September? «

UH: Das Theater Expedition Metropolis (ExMe) erprobt und vermittelt seit vielen Jahren eine künstlerische Praxis, die sich durch ein hohes Maß an Beweglichkeit auszeichnet. Die Fähigkeit zum Dialog und zur Veränderung sind wesentliche Qualitäten, die ExMe mit der Methode der künstlerischen Expedition und seinem Verständnis von Community Kunst als „Kunst der sozialen Versammlung“ herausgebildet hat. Vor diesem Hintergrund konnten schon im vergangenen Jahr trotz der pandemiebedingten Einschränkungen viele Projekte, Produktionen und Veranstaltungen umgesetzt werden – durch eine konsequente Verlagerung der Aktivitäten nach draußen, durch einen cleveren und disziplinierten Leitfaden zum Arbeits- und Infektionsschutz für Akteur*innen, Publikum und Nachbarschaft und durch eine soziale Einbindung des gesamten Standortes „Alte Desinfektionsanstalt“. Das Community Theater Expedition Metropolis ist auf die neu entstehenden Produktions- und Präsentationsbedingungen bestens vorbereitet.

Foto © André Groth

SR: Für die 9. Ausgabe des Community Kunst Festivals HofFestSpiele 2021 hatten wir in unseren Planungen lange die Möglichkeit offengehalten, wieder wie gewohnt im Frühsommer Anfang Juni einzuladen, haben aber Anfang Mai entscheiden müssen, wie schon im vergangenen Jahr auf einen späteren Zeitpunkt im September auszuweichen. Auch wenn nach aktueller Tendenz eine Durchführung des Festivals im Juni erlaubt wäre, gibt es einen entscheidenden inhaltlichen Grund für die Verschiebung: Während der vergangenen Monate hatten viele der beitragenden Gruppen keine Möglichkeit, ihre Beiträge zum Programm zu produzieren und eine künstlerische Praxis zu betreiben. Hinzu kommt, dass verabredete überregionale und internationale Beteiligungen aus logistischen Gründen abgesagt werden mussten. Auch die Impulsprojekte, die einen wesentlichen und innovativen Bestandteil der diesjährigen HofFestSpiele bilden, konnten noch nicht ausreichend entwickelt werden.

» Wie kommt die Programm-Auswahl des Festivals zustande? «

UH: Das Community Kunst Festival fungiert als Ort und Moment der Sammlung. Es ist Zielort oder auch Hafen für verabredete thematische Auseinandersetzungen, Begegnungen und Austausche.

SR: Das Programm folgt der Dramaturgie einer Zusammenkunft, ist also Präsentations- und Begegnungsmöglichkeit von gemeinsamen thematischen Auseinandersetzungen.

»Wie ist das Motto „Vertrauen in Bewegung“ enstanden «

UH: Mit dem Motto versucht das Festival Impulse und relevante Themen aus dem Stadtteil und den Communities aufzugreifen. Gleichzeitig transportiert und erzählt das jeweilige Motto eine eigene Entwicklungsgeschichte – das gilt übrigens für andere mehrjährige Projekte und Jahresthemen im Theater ExMe auch. Aus dem Festival-Motto „Dichte Entfernung“ wurde im vergangenen Jahr die thematische Auseinandersetzung mit „Vertrauen“. Und dies entwickelte sich vor dem Hintergrund der uns alle bestimmenden Lebensumstände der letzten Monate und im Einklang mit der insgesamt mobilen Ausrichtung des Theaters ExMe zu „Vertrauen in Bewegung“.

Foto © René Kulius

» Könnt ihr schon Highlights des Festivals benennen? Worauf freut ihr euch? «

UH: Durch die Vorläufe in den Impulsprojekten finden Begegnungen und Austausche schon vorher statt und es kann während der Festivaltage zu einer neuen Qualität von „Versammlung“ kommen. So sind die Beiträge des Tanztages über das Impulsprojekt Tanzplattform schon im regen Austausch, ebenso wie die Gestalter*innen der Baumgespräche (Impulsprojekt Gesprächsreihe Diskurs Baumgespräch) oder das Vorhaben „On Urgency nesting“ (Impulsprojekt Internationale Residenz).

» Was stellt die größte Herausforderung dar bei der Organisation des Community Kunst Festivals? «

SR: Verschiedene Akteur*innen, verschiedene Interessen und Erwartungen, verschiedene Levels von Beteiligung und Engagement auf ein gemeinsames Thema, auf einen gemeinsamen Handlungsraum zu fokussieren und zu einer gemeinsamen Teilhabe-Erfahrung zu verdichten.

Foto © André Groth

» Warum richtet ExMe sich mobil aus? Wie und mit welchen Formaten sollen neue Orte erschlossen werden? «

UH: „ExMe-Mobil“ macht sich auf den Weg und beleuchtet die Relevanz von Community Kunst aus unterschiedlichen Perspektiven. Unter dem programmatischen Arbeitstitel „ExMe Mobil“ werden Aktivitäten und Produktionen beweglich, Erzähl-Räume und Begegnungs-Formate werden auf andere Weise relevant, Abstände und Entfernungen werden verdichtet und andere Kontexte und Wirkungsfelder werden bedeutsam und geachtet.

SR: Die Praxis des Community Theaters wird intensiv im offenen Raum entfaltet: auf dem Hof, im Stadtteil, in der Peripherie und in der Fläche, in Umgebungen mit besonderem Bedarf an passgenauen ortsspezifischen Angeboten.

UH: ExMe erschafft nachhaltige Produktions- und Versammlungsräume, die die Relevanz und Wirksamkeit von Community Theater gewissenhaft befragen und erproben, erforschen und bündeln.

SR: ExMe wartet nicht nur in seinem Theater auf Publikum, sondern gestaltet gemeinsame künstlerische Praxis, kulturelle Bildung und Empowerment in Umgebungen, in denen sie gebraucht werden.

Vielen Dank, Sandrine und Ulrich!

Das Interview führte Cäsar Gäsdorf.

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